Ein Hoch des Weibes Förderkraft

 

Frau Hofrat Merkel, höchst charmant,

stützt Kunst, - das schätzt man sehr im Land.

Tagtäglich ist sie drum auf Tour,

doch nicht der Spenden wegen nur.

 

Vor allem mag Frau M. Musik.

Herr M.: "Das Weib hat einen Tick!"

Sie schätzt - noch ahnt `s der Hofrat nicht -,

mehr als nur schönes Tongedicht.

 

Verwöhnt die Bläser wie die Streicher,

und alle spielen plötzlich heit'rer.

Verschwend'risch wirkt sie philharmonisch.

Zu Hause gibt sie sich platonisch.

 

Er, Chef am Wiener Hofgericht,

schon etwas knittrig, leicht voll Gicht.

sagt sich beruhigt und streicht die Falte:

"Sie mag die Ruhe, wie der Alte!"

 

Hier irrt der weise Rechtsgelehrte,

verkennt des Weibes trieb'ge Werte.

Rastloser Einsatz für die Kunst,

füllt stetig auf ihr Maß an Gunst.

 

Frau M. weiß, dass man üben muss, -

Maestro macht sonst viel Verdruss.

Drum muntert sie die Meister auf:

„Übt, spielt, packt eure Bögen aus!“

 

Klingt die Musik jetzt nicht verklärter,

war sie nicht sonst um Grade härter?

Den Rhythmus prägt mehr Leidenschaft.

Ein Hoch des Weibes Förderkraft!

 

Der Hofrat scheint jetzt auch versöhnter.

"Wie beispielhaft sie wirket", tönt er,

"auch Weiber, wenn sie jung und spritzig,

sind bei mehr Pflichten wen'ger hitzig!"

 

Hier irrt der gute Herr schon wieder.

Bei ihm ist sicher manches nieder.

Doch scheint: ihm jetzt recht gut gefällt,

dass ihr Ruhm teils auch ihn befällt.

 

Sie hat ihr Werk noch nicht beendet;

sie strebt, dass es sich bald vollendet.

In Zukunft ringt sie ums Vertrau'n

der philharmonisch tät'gen Frau'n.

  


vorheriges Gedicht

nächstes Gedicht