Erhalt uns strengstes Zölibat

 

Ein Gottesmann in besten Jahren,

recht streng im Amte, hocherfahren,

er zaudert, schwankt und sündigt nie:

ist Faktor in der Hierarchie!

 

Dazu noch stattlich von Statur.

Manch Frauenherz seufzt schmachtend nur:

"Verdammt! Das ist doch ruchlos, schad!

Der Teufel schuf das Zölibat!"

   

Der Mustermann des Hauses Rom

begeistert längst in jedem Dom.

Weit offen steht des Aufstiegs Tor. -

Rom hat was Großes mit ihm vor.

 

Doch eines Tag's zur Mittagszeit,

- die Vesper ist noch Stunden weit -,

er hatte sich zur Ruh` gelegt,

wie er 's  zu tuen gerne pflegt.

 

Da ließ sich rein sakrales Denken

nicht ungetrübt mehr weiterlenken.

Das war schon einmal ihm geschehn,

Gefahr hat er noch nicht gesehn.

 

Doch die vertrackte Wiederkehr

besorgte ihn jetzt doch weit mehr.

Er spürt mit plötzlichem Erschrecken:

da wollen Teufel Schlimmes wecken!

 

In der Gedanken wirrer Wüste

formieren sich frivole Lüste.

"Mein Gott, die sind längst nicht besiegt!" -

Er spürt 's vor allem, wenn er liegt.

 

Ihm fällt auch ein, wann das begann:

es war, als Hedwig Abschied nahm,

die dienend sich ins Jenseits sehnte,

wobei die Zeit sich für sie dehnte.

 

Ganz anders ist's mit Lis, der Neuen.

die will auf Erden sich noch freuen,

zeigt sich in straffer Üppigkeit,

doch züchtig - nur zum Amt bereit.

 

Nicht, dass sie es drauf angelegt,

sie hat ihn - einfach so - erregt,

aus der Distanz, wie sich `s gehört.

Doch ist auch sie - ganz klar - betört.

 

An einem Tag, vor neuem Leid,

willkomm'ne Lösung liegt bereit.

Bevor er schlüpft in die Soutane,

bekommt er Post vom Vatikane.

 

Verwandelt scheint der Hohe Rat

beim Thema Keuschheit, Zölibat.

"Es ist nicht gut", schreibt er bewegt,

"dass man euch Kerle trockenlegt!"

 

Zwar sei Begierde strikt zu lenken,

und Wichtgeres eh'r zu bedenken.

"Doch gibt es keinerlei Gebot,

dass wir die Lust ganz legen tot".

 

"Wir können zwar nicht gleich entscheiden,

denn Fehler sind füglich zu meiden.

Damit sich Wirkung prüfen lässt,

gehört dazu ein Langzeittest!"

 

"Ein Hirte nur aus jedem Sprengel,

erwähl' zunächst sich einen Engel,

damit man prüft, ob Ehebande

sind nutzbar allem Kirchenstande."

 

Auch Domesglocken dürfen läuten,

hat doch der Test viel zu bedeuten.

Nach einer Zeit von gut fünf Jahren

woll`n wir Ergebnisse erfahren!“

 

Bis dahin sei es auch erlaubt

- falls Ehestand nicht sehr erbaut -,

das Bündnis straflos zu beenden.

Nachricht an Rom ist nur zu senden.

 

Und wenn sich Kinder eingestellt, 

was Päpsten ja meist gut gefällt,

sie werden schnellstens kaserniert, 

in Rom, dem Heile zugeführt.

 

Das, was die willigen Probanden

dann an dem Bund mit Weibern fanden,

will man sehr sorgfältig bald sichten

und zu Gesetzen schnell verdichten.

 

Klar, dass sich Franz zu Lis gesellte

und schnell das Aufgebot bestellte.

Die ganze Stadt kam zu den Feiern.

Es zelebriert ein Probst aus Bayern.

 

Der Alltag recht bald wiederkehrt,

der Bund hat sich mehrfach gejährt.

Nach ein'ger Zeit die Fristen enden,

und Franz muss bald an Rom sich wenden.

   

Ob es geklappt im Pastorat?

Niemand erfährt das in der Stadt.

Doch sind des Hirten frische Wangen

inzwischen deutlich blass, verhangen.

 

Der Schritt ist weniger behände

als vor der zölibatschen Wende.

Die Augen blitzten früher wilder,

die Predigt wirkt heut auch viel milder.

 

Des Hirten Schäflein sind kaum platt,

als sie dann schaun ins Kirchenblatt,

das lang von einem Flehn berichtet,

das Franz an seinen Chef gerichtet:

 

"Das Zölibat ist herbe Pein,

doch nichts kann schlimm wie Eh'stand sein!

Um Gottes Willen", heiß er bat,

"erhalt uns strengstes Zölibat!"

 

Die Zweifel sind längst nicht behoben

beim Rat am Heil'gen Stuhl da oben.

Der Kummer wird wohl lang noch schwelen

gar manche fromme Seele quälen.

 

Nun - Zölibat meint nein zur Ehe,

nicht, wie 's ansonsten lustvoll gehe.

Drum will der Papst jetzt tolerieren,

wie 's Popen weithin praktizieren.

 


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